Wert des Wassers wird im Erzgebirge nicht erkannt – Mit Populismus gegen die geplante sächsische Wasserentnahmeabgabe – Freistaat muss vorsorgend handeln

Die Sächsische Regierung beabsichtigt eine Novellierung des sächsischen Wassergesetzes im Zuge des Haushaltsbegleitgesetzes 2023/2024, wobei speziell die Wasserentnahmeabgabe neu geregelt wird, um die wasserwirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können. Das GRÜN-geführte Ministerium von Wolfram Günther (SMEKUL) ist dabei federführend.
Doch speziell aus dem Erzgebirge regt sich großer Widerstand seitens des ZWW (Zweckverband Wasserwerke Westerzgebirge), vor allem aber auch aus den Kreistagsfraktionen von CDU/FDP, SPD, LINKE und FW, die am 28.09.22 einen gemeinsamen Antrag in den Kreistag einbrachten und darin den Landrat aufforderten, alles Mögliche zu tun, um dieses Gesetzvorhaben zu kippen. Diesem Antrag wurde auch mehrheitlich entsprochen, auch mit den Stimmen von AfD und NPD, lediglich unsere GRÜNE Fraktion stimmte ihm nicht zu. Die Freie Presse berichtete darüber, räumte aber in ihrer Berichterstattung unseren Gegenargumenten nur wenig Raum ein.
Deshalb für jeden nachvollziehbar, den zur Kreistagssitzung von mir vorgetragenen Wortbeitrag, der Schmährufe und die üblichen Gegenreaktionen der anderen KreisrätInnen hervor rief:

“Es hat einfach seinen Preis, wenn man es versäumt, ein Land klimaresilient zu machen und dazu auch noch eine der regenärmsten Regionen der Bundesrepublik ist. Dann wird Wasser als essentielles Lebensgut rar und teuer.
Insbesondere unsere sächsischen Flüsse, Wälder und Moore erleiden bekanntlich aufgrund der anhaltenden Dürrejahre einen Infarkt nach dem anderen und befinden sich, wie wir alle wissen, in einem miserablen Zustand. Unsere Wälder und Moore sind kaum noch in der Lage, ihre Speicherfunktion zu erfüllen. Wir kennen die Pegelstände unserer Talsperren oder hören Meldungen wie die aus Einsiedel: “Stinkalgen machen Trinkwasser unbrauchbar”.
Daher stellen sich dem Freistaat für die Zukunft zwei essentielle Aufgaben, nämlich Trinkwasservorsorge zu betreiben und die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen.
Bisher hat seit 1990 (von vorher brauchen wir gar nicht zu reden) jede sächs. Regierung das Thema Wasserrahmenrichtlinie vertrödelt und ausgesessen. Milliarden sind dafür in den techn. Hochwasserschutz gesteckt worden, der die Probleme der Flussauen tw. noch verstärkt hat.
Und jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, wo wir in einer ungeheuren Dimension investieren müssen. Das ist in Anbetracht des Klimawandels und der damit einhergehenden Gefährdungsszenarien eine generationsübergreifende Herausforderung.
Allein die Trinkwasservorsorge, die oberste Priorität genießen muss, braucht 670 Mio Euro. Und die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, zu der wir gesetzlich verpflichtet sind, muss bis spätestens 2027 umgesetzt sein und erfordert nochmals 1,1 Milliarden Euro (300 Mio zur Sicherung des Grundwassers und 835 Millionen für oberirdische Gewässer).
Wir steigen also gerade erst ernsthaft in den Schutz der Sächs. Grund- und Trinkwasservorkommen ein.
Ein großer Teil davon wird aus Steuermitteln kommen müssen, um aber auch eine Steuerungsfunktion zu haben, die zum Wassersparen animiert, kommt der Freistaat m. E. nicht umhin, die Wasserabgabeentnahme entsprechend zu erhöhen und die bisherigen Befreiungstatbestände zu streichen. (Braunkohle war bisher begünstigt!)
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass niedrige Abgabesätze keine Anreize bieten, sparsam mit der knappen Ressource Wasser umzugehen.
Doch kommen wir zu den konkreten Zahlen:
Der bisherige Abgabesatz für Grundwasser beträgt 1,5 Cent/m³ – geplant sind künftig 5,6 Cent/m³. Grundwasser ist entsprechend teurer, weil es wesentlich höheren Schutz genießen muss als Oberflächenwasser und weil man eine Lenkungswirkung hin zur Nutzung von Oberflächenwasser erzielen will.
Der Abgabesatz für Oberflächenwasser wird nur margnial erhöht von bisher 1,5 Cent/m³ dann auf 1,7 Cent/m³.
Die Kommunalen Wasserwerke LEIPZIG haben Berechnungen vorgelegt, wonach sich der Verbraucherpreis von derzeit 2,08 €/m³ um 4 Cent auf 2,12 € verteuern würde.
Führt man die Berechnungen fort und setzt den durchschnittlichen Wasserverbrauch von 127 Litern/Kopf und Tag an, sind das umgerechnet 46,4 m³ pro Kopf /Jahr und bedeutet eine Erhöhung von 9 Cent pro Jahr, wenn das Trinkwasser aus Oberflächenwasser kommt bzw. 1,90 € pro Jahr, falls es aus Grundwasser gewonnen wird.

Noch mal zu dem Aspekt der Heilbäder im Antrag:
Sie sind bisher befreit und unterliegen dann neu dem Abgabesatz von 0,056 EUR/m³ auf Grund der Rechtsprechung auf Gleichbehandlung aller Verbrauchergruppen.
Würde der Befreiungstatbestand fortbestehen, könnten Abgabepflichtige (das könnten beispielsweise Freizeitbäder sein) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den ihren Festsetzungsbescheid erheben.
Uns liegen öffentliche Zahlen von Warmbad vor:
Danach geht die Kurbadverwaltung davon aus, dass für sie im Jahr eine Wasserentnahmeabgabe von 4000,- € fällig werden würden. Bei 175 000 Gästen im Jahr wäre das eine Mehrbelastung von 0,023 Euro pro Gast und würde sich – umgelegt auf die BesucherInnen – im aktuellen Eintrittspreis von 14,50 € auf 14,52 € niederschlagen.
Von einer existenzbedrohenden Wasserabgabe für die Heilbäder kann also nicht im Ansatz die Rede sein. Zumal wenn man die in diesem Jahr veröffentlichten Investitionssummen dagegenhält, die sich in Warmbad auf 16 Mio € belaufen (für eine Erweiterung der Saunalandschaft und einem Anbau mit Schwimmbecken). Auch in Bad Schlema wird kräftig investiert. Dort will man für 20 Mio € ein neues Foyer und ein Gärtnerhaus bauen.
Der Freistaat selbst geht davon aus, dass die Heilbäder in Gänze nur einen sehr marginalen Beitrag leisten würden, der vermutlich unter 30 000 € liegt.
Es bestünde ja auch die Pflicht zum Anbringen von Mengenmessgeräten, die bisher gar nicht existieren und wenn der Aufwand zur Installation am Ende in keinem Verhältnis zur Wasserabgabe steht, könnte auch eine Härtefallregelung oder ähnliches in Betracht gezogen werden.
Zum im Antrag aufgeführten Punkt der Besucherbergwerke:
Für die Abgabepflicht der Besucher- und Schaubergwerke ändert sich durch die Novellierung der Wasserentnahmeabgabe nichts. Die wenigen Besucher- und Schaubergwerke, die bisher abgabepflichtig sind, bleiben es auch nach der Gesetzesänderung. Entsprechendes gilt für die bisher nicht abgabepflichtigen Besucher- und Schaubergwerke.
Zumal die Abgabepflicht überhaupt eh erst greift, wenn die Wasserentnahme höher als 2000 m³ pro Jahr ist.
Der vorliegende Antrag setzt die neuen Abgabesätze überhaupt nicht in entsprechende Relationen und malt Schreckgespenster an die Wand, die nicht im Ansatz vorhanden sind.
Ich könnte auch sagen, er macht gerade in dieser brisanten Zeit unverantwortlich Panik.
Alle Einnahmen, die mit der Wasserentnahmeabgabe erzielt werden, werden dezidiert zweckgebunden eingesetzt und kommen den großen wasserwirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu Gute.
Es wäre sträflich, wenn der Freistaat jetzt nicht endlich vorsorgend handelt, und das müsste eigentlich in unser aller Sinne sein, denn sonst laufen wir Gefahr, dass künftig tatsächliche Schreckensszenarien über uns kommen und wir jenen dann im Hinblick auf unsere Wasserversorgung hilflos ausgesetzt sind.

Ulrike Kahl

Foto: André Karwath (This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license.)