Krankenhausfusion im Landkreis: Ja – Austieg aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes: Nein!

Wir GRÜNEN stimmen zu: Strukturveränderungen in Form der angedachten Fusion der kommunalen Kliniken im Kreis sind zwingend notwendig, wenn wir die Häuser zukunftsfähig machen wollen. Es ist wichtig, dass das vorhandene Synergiepotential ausgenutzt wird, daran führt kein Weg vorbei.

Allerdings kann der dabei ins Spiel gebrachte Ausstieg aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes unsere Zustimmung nicht finden.

Allein das Timing des Vorhabens lässt jegliches Feingefühl gegenüber den Beschäftigten vermissen.

Die dritte Welle der Pandemie liegt gerade hinter uns und wir alle haben die Arbeit der Klinikangestellten in den zurückliegenden 1 ½ Jahren in einem vermutlich noch nie dagewesenen Maße geschätzt und geachtet. Denn jene waren es doch, die an vorderster Front gegen das Virus gekämpft haben. Und wir hätten nicht tauschen wollen…

Insofern würde bei Zustimmung des Kreistages zur vorliegenden Beschlussvorlage eine unglaublich unsensible Entscheidung fallen, die so nicht verantwortbar ist.

Wenn wir uns noch mal folgendes vergegenwärtigen:

Die Kliniken erhalten seit Einführung des DRG-Systems im Jahr 2004 für die entsprechenden Behandlungen ihre Fallpauschalen. Jene sind dafür gedacht, das Personal davon zu entlohnen. Aber leider wird ein ganz erheblicher Teil dieser Gelder abgezweigt für Investitionen, die eigentlich der Freistaat aufbringen müsste.

Im Krankenhausfinanzierungsgesetz gibt es ganz klare Aussagen zur Übernahme der notwendigen Investitionskosten, aber das Land erfüllt diese Pflicht nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre. Darum wird also immer wieder Fallpauschalen-Geld, welches für die Vergütung von Personal vorgesehen ist, für Investitionen zweckentfremdet.

Ja, und deshalb gibt es Austrittswellen aus der VKA, und natürlich schwindet dann der Anteil öffentlicher Häuser, die sich an Tarifabschlüsse binden wollen.

Aber genau da lauert die große Gefahr, dass uns Personal verlässt und wir perspektivisch kaum noch in der Lage sein werden, unter solchen Bedingungen neues anzuwerben.

Wenn wir die Tarifbindung missbilligen, sind wir in wenigen Jahren dort, wo wir in der Altenpflege bereits gelandet sind und wir werden eine Werbekampagne nach der anderen starten und bezahlen müssen, um im osteuropäischen Ausland geeignetes Personal zu akquirieren.

Deshalb vermissen wir seitens der Entscheidungsträger den dringlichen Ruf Richtung Freistaat, für eine bessere Ausstattung unserer Krankenhäuser zu sorgen. Denn schon lange sind gerade Kliniken der Grund- und Regelversorgung unzureichend ausfinanziert. Das machen wir doch sonst auch, wenn es um Straßenbaumittel geht, oder um die Zuweisung von Flüchtlingen bzw. um die Errichtung von Windrädern.

Gegenwärtig jedenfalls sind wir im Begriff, die Beschäftigten in unseren Kliniken zur „Verhandlungsmasse“ zu machen, statt den Freistaat in die Pflicht zu nehmen.

Dabei ist doch gerade die Entlohnung, wie ein jeder nachvollziehen kann, immer Ausdruck von Wertschätzung. Durch die Aushebelung des Tarifvertrages mit der Seitwärtsfusion nach Stollberg bliebe diese Wertschätzung den Angestellten jedenfalls untersagt.

Wir sind uns aber auch bewusst, dass das Wohl des Patienten ganz maßgeblich von motivierten und engagiertem Personal abhängig ist. Wollen wir das wirklich auf´s Spiel setzen?

Wie selbstverständlich nehmen wir im nichtöffentlichen Teil unserer Sitzung tarifliche Höhergruppierungen vor. Und daran gibt es auch nichts zu kritisieren. Aber es muss uns jemand erklären können, wo die höhere Arbeitsleistung oder der Mehrwert eines Angestellten in der öffentlichen Verwaltung liegt, gegenüber jener Leistung, die ein Beschäftigter in einem unserer kommunalen Krankenhäuser erbringt.

Unter diesen Gesichtspunkten betrachten wir GRÜNEN die Beschlussvorlage als sehr bedenklich und lehnen diese ab.